Vorwurf: Krankenkassen sollen Ärzte manipuliert haben
14.10.2016 - Die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) stehen im Verdacht, bei ihren Abrechnungen systematisch betrogen zu haben – so erklärte Jens Baas, Chef der Techniker-Krankenkasse (TK) gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS), dass einige Krankenversicherungen Ärzte dazu gebracht hätten, falsche Diagnosen zu stellen, um mehr Geld zu kassieren.

Mehr Geld durch kränkere Patienten
Der Chef der TK, Jens Baas, hat in einem Interview mit der FAS den gesetzlichen Krankenkassen vorgeworfen, Patienten kränker einstufen zu lassen, als sie tatsächlich waren. So ist ein Wettbewerb zwischen den Kassen darüber entstanden, wer es schafft, die Ärzte dazu zu bringen, für die Patienten möglichst viele Diagnosen zu dokumentieren. „Die Kassen bezahlen zum Beispiel Prämien von zehn Euro je Fall für Ärzte, wenn sie den Patienten auf dem Papier kränker machen", erklärte der TK-Chef. „Aus einem leichten Bluthochdruck wird ein schwerer. Aus einer depressiven Stimmung eine echte Depression, das bringt 1000 Euro mehr im Jahr pro Fall.“ Gleichzeitig räumte Baas ein, dass sich auch seine Krankenkasse an dieser fragwürdigen Methode beteilige.
Kassen weisen Vorwurf zurück
Durch die Manipulation der Ärzte nutzen die Kassen das System des Risikostrukturausgleichs (RSA) aus: Dieser finanzielle Ausgleichsmechanismus soll eigentlich das Problem der Risikoselektion mindern. Das bedeutet, dass Kassen mit besonders vielen alten und kranken Mitgliedern mehr Geld aus dem Gesundheitsfonds erhalten. Während die gesetzlichen Krankenkassen den Vorwurf von Baas zurückwiesen, verurteilte das Bundesversicherungsamt den mutmaßlichen Abrechnungsbetrug. Es sei rechtswidrig und zu unterbinden, wenn Ärzte von Krankenkassen dazu veranlasst wurden, falsche Diagnosen zu dokumentieren. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach forderte, dass das Vorgehen umgehend aufgeklärt werden müsse. Durch die falsche Behandlung könnten Patienten unter Umständen zu Schaden kommen.
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